Sprenger, Die Entscheidung liegt bei dir!
Der Sirenengesang des Lobens

Der Sirenengesang des Lobens

Reinhard K. Sprenger

Verhängnisvolles Lob

Wenn wir etwas geleistet haben und ein anderer sagt, dass er es gut findet, dann freut uns das in der Regel. Wir fühlen uns anerkannt und haben mehr Lust und Mut, so weiterzumachen. Sagt der andere nie etwas, fehlt uns etwas – zum Beispiel bei der Arbeit: »Egal wie du dich hier einsetzt, nie hörst du mal ein lobendes Wort; wenn aber mal was danebengeht, ist sofort die Hölle los.« Oder die Tochter: »Mama, merkst du eigentlich, wie oft du mit mir schimpfst, aber nie sagst, was ich gut gemacht habe?« Loben ist daher »in« – in der Erziehung seit jeher. Auf Autoaufklebern steht: »Hast du heute schon dein Kind gelobt?« Das Loben gilt aber auch unter Erwachsenen als besonders humane, »mitmenschliche« Form des Miteinanderumgehens. Die Worte des Rheinländers Konrad Henkel – »Lorbeer gehört nicht auf den Kopf, sondern in den Sauerbraten« – verhallten jedenfalls ungehört.

Zugegeben: Viele Menschen spüren schmerzlich ein Aufmerksamkeitsdefizit. Aber spüren